Robert Steiger kommt aus dem südlichen Hochschwarzwald. Und weder seine Holzplastiken noch seine Wandteller wollen dies verbergen Doch zeigen sie die Herkunft ihres Künstlers auf eine sehr eigenwillige, sehr moderne Weise. Die die Jugend prägende Erfahrung mit der vielfältigen Bearbeitung von Holz, die das bäuerlich handwerkliche Gerät und seine Produkte verwandelnde kindliche Phantasie paaren sich mit dem plastischen Verständnis Constantin Brancusis, mit der auf die Plastik übertragenen Collage-Technik Pablo Picassos, seinen keramischen Inventionen. Dabei wird aus dem ursprünglichen Küchenteller der künstlerische Wandteller, aus dem selbstgetischlerten Sitzmöbel des Schwarzwaldhauses der Kunststuhl, die Kunstbank, aus dem Schniedesel das phantastische Fabel- und Reittier, aus der Gottesanbeterin das Totemtier. Mit letzterem wird aber noch ein drittes Element der Steigerschen Arbeiten greifbar. die Entdeckung des Primitiven, die seinerzeit die Künstler der "Brücke" zum Beispiel zum Holzschnitt, zur Holzschnitzerei (Kirchners "Geschnitzter Stuhl"), zur Holzplastik führte. Die auf einer anderen Seite zum Beispiel Brancusi in der Vergröberung seines Formenkanons Motive afrikanischer Skulptur aufnehmen, seine fetischartigen Holzskulpturen entstehen ließ. Robert Steigers Gottesanbeterin als Totemtier, vor allem aber seine Totempfähle sind in dieser Tradition zu verstehen. Nicht als Wegweiser einer ethnographischen Reise zu den Tlingits, nach Afrika, in die traurigen Tropen. Wohl aber als Totems, als Totempfähle einer unwiederholbaren Kindheit, einer verlorengegangenen bäuerlichen Kultur. Indem sie diese Kindheit, die kindlichen Spiele der Phantasie in immer neuen Metamorphosen festzuhalten versuchen, zurückverweisen auf das, woraus sie sich eigentlich herleiten, sind sie gestaltetes, Gestalt gewordenes utopisches Denken das - in einem Blochschen Paradox - allen in die Kindheit schien und worin noch niemand war: Heimat.
[Fußnote zur Ausstellung Robert Steiger. Kornwestheim, Galerie Geiger 1985]